Exkursion Bolle di Magadino am Samstag 18.3.2023

Wie immer an Wochenende sind die frühen Züge in Richtung Süden gut belegt, und so verteilt sich unsere Exkursionsgruppe an diesem Morgen des 18. März locker auf die vordersten Wagen in Fahrtrichtung. Da und dort blinzelt ein Spektiv oder ein Fernglas aus dem Rucksack hervor, und die Zugfahrt vergeht in guter Gesellschaft wie im Flug. Die Vorfreude auf das gewählte Exkursionsgebiet der Bolle di Magadino wird umso grösser, als wir auf der anderen Seite des Gotthards bei angenehmem Frühlingswetter dem Ticino entlang nach Bellinzona folgen, und dann mit dem Regionalzug in Richtung Gordola fahren, zum nördlichen Eingang des Gebiets.

Spätestens in Gordola auf dem Perron finden endgültig alle 30 Teilnehmenden des NVV zueinander, und nach der offiziellen Begrüssung durch die Exkursionsleitenden Michel Brun, Flurina Gradin und Barbara Huber werden wir von Roberto Lardelli, dem Präsidenten von Ficedula, der lokalen BirdLife Sektion in Empfang genommen. Er hat sich erfreulicherweise auf unsere Anfrage hin gleich selbst die Zeit genommen, uns auf der Exkursion als lokaler Experte vor Ort zu begleiten. Gemeinsam mit ihm bewegen wir uns zu Fuss durch Gordola, vorbei an verschiedensten mehr oder minder ökologisch wertvollen Gartengestaltungen, und biegen am westlichen Ortsrand ab, um der Verzasca in Richtung Mündung zu folgen. Begleitet werden wir auf diesem Wegstück unter anderem vom eifrigen Zilpzalp, Kolkraben, dem Kleiber und einer munteren Mönchsgrasmücke. Zwischendurch berichtet Roberto Lardelli über seinen langjährigen Bezug zur Bolle di Magadino und Barbara Huber erklärt uns, wie die Verwindung der wilden steinigen Verzasca mit dem sandigen Ticino im Flussdelta für eine hohe Struktur- und Artenvielfalt verantwortlich ist.

Lichte und dichte Auenwaldstrukturen und die Flusslandschaft der Verzasca wechseln sich ab mit Verkehrsachsen, die unterquert oder überquert werden wollen – es wird uns deutlich bewusst, wie stark beansprucht und fragil der Lebensraum ist, durch den wir uns bewegen. Während Roberto Lardelli von befürchteten Expansionsplänen des Flugfelds im Osten der Bolle berichtet, dringen wir langsam weiter ins vordere Ende des beachtlichen Flussdeltas vor, und sichten einen Eisvogel und Zwergtaucher, aber auch Schwanzmeisen und Grün- und Buntspecht begleiten uns entlang des schmalen Pfades.

Kurz vor dem ersten Hide mit Blick auf den Lago Maggiore stösst Chiara Scandolara zu uns, die Leiterin der BirdLife Geschäftsstelle Ticino. Mit im Gepäck hat sie einige druckfrische Exemplare des neuen Guidebooks «Avifauna Lago Maggiore», an dem sowohl sie als auch Roberto Lardelli mitgewirkt haben. Beim Hide können wir in Ruhe verschiedene Wasservögel auf dem See beobachten, darunter Knäkenten, Haubentaucher und zahlreiche Reiherenten.

Für den zweiten Hide in unmittelbarer Nähe teilen wir unsere Gruppe auf und nutzen die sonnengewärmte offene Fläche vor dem Schilfgürtel für eine gestaffelte Picknickrast am Wegesrand. Der Hide öffnet den Blick auf den Fluss aber auch in Richtung See – die erste Gruppe berichtet begeistert von mehreren Rohrammern im Schilf dicht an dicht zum Hide, einem Silberreiher und einem Schwarzkehlchen. Auch die späteren beiden Gruppen können interessante Beobachtungen vermelden. Darunter ein Schwarzmilan, der sich unweit der Kormorankolonie auf einem Ast niedergelassen hat – und für kurze Zeit sogar ein Habicht, der seinerseits auf einem Baum flussaufwärts rastet.

Doch auch der Standort der Mittagsrast selber scheint gut gewählt. Italiensperlinge turnen in den Ästen vor uns herum, und alsbald haben wir sogar das Glück, aus nächster Nähe eine kleine Truppe von Beutelmeisen beobachten zu können, die ebenfalls für die Mittagsrast auf Futtersuche zu sein scheint.

 Frisch gestärkt machen wir uns danach auf in Richtung Osten – auf verschlungenen Wald- und Wiesenwegen erreichen wir den Randbereich des Flugfelds. Unterwegs weist uns Roberto Lardelli auf die ehemalige Beringungsstation hin, und auf den an der Mauer des einfachen Gebäudes festgehaltenen Höchstwasserstand. Dieser ist im Vergleich zu unserem Wegniveau beachtlich hoch, und einmal mehr deutliches Zeichen dafür, dass wir uns eigentlich mitten auf einer grossen Schwemmebene bewegen.

Im Übergangsbereich von Auenlandschaft, Heckenzügen und der intensiver genutzten Zone mit dem offenen Flugfeld, begegnen uns der Hausrotschwanz, Rotkehlchen, ein Mäusebussard und intensiv gefärbte Buchfinken. Ein Highlight stellt der Gartenrotschwanz dar, den wir mit seiner glänzend weissen Stirn auf einer der Wildhecken beobachten können.

In der Nähe des Flugfelds führt unser Weg zu einer einfachen Scheune, die Ficedula seit einigen Jahren nutzen kann. Ohne unsere ortskundige Begleitung könnten wir nun natürlich nicht berichten, dass sich dort versteckt vor Passanten ein Brutkasten für den Steinkauz befindet, der laut Roberto Lardelli seit Jahren jede Saison gut bewohnt ist. Wir kreuzen den kleinen Wasserkanal und erhalten bei einem kleineren Landwirtschaftsgebäude noch einmal die interessante Gelegenheit, Feldsperlinge mit Italiensperlingen vergleichen zu können.

Bevor wir die Autobahn in Richtung Bahnhof Riazzino queren, und das faszinierende Gebiet der Bolle di Magadino wieder langsam hinter uns lassen, verabschieden sich bereits erste Teilnehmende, die die Exkursion an diesem milden Frühlingstag noch auf eigene Faust verlängern wollen. Wir anderen freuen uns auf einen Zvieri in Bellinzona, bevor wir im Zug auf der Heimfahrt Bilanz ziehen: stattliche 50 Arten konnten wir beobachten – bestimmt bleibt es für viele nicht die letzte Exkursion in die Bolle.

Flurina, Barbara und Michel

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