Naturspaziergang – Schmetterlinge

Bei schönstem Schmetterlingswetter – sonnig, warm und nicht zu windig – liessen sich über 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Do Häberling, Mario Bonalli und Stefan Wymann in das Leben als Falter einführen. Der Spaziergang führte rund um den Ruggernweg, wo bis Oktober ein Schmetterlingspfad zum Selber-Entdecken aufgebaut ist, inklusive einen Abstecher in den nahen Höngger Wald mit weiteren Stationen.

Schmetterlingspfad

Als erstes muss zwischen Tagfaltern und Nachtfaltern unterschieden werden. Tagfalter sind tagsüber aktiv; es gibt etwa 250 Arten in der Schweiz. Bei den Nachtfaltern sind es ungefähr 2500 Arten; davon viele nachtaktiv, aber es gibt auch tagaktive Arten (z.B. die Gammaeule, die Braune Tageule, das Taubenschwänzchen). Motten gehören zu den kleinen Nachtfaltern. Beispiele für Tagfalterfamilien sind die Ritterfalter, die Edelfalter, die Weisslinge und die Bläulinge, für tagaktive Nachtfalterfamilien die Dickkopffalter und die Widderchen.

Alle fettgeschriebenen Schmetterlingsarten können in der Galerie am Ende des Artikels betrachtet werden.

Grundsätzlich besitzt ein Schmetterling, ob Tag- oder Nachtfalter, einen dreiteiligen Körperbau: den Kopf mit grossen Facettenaugen und einem Saugrüssel, die Brust mit drei Beinpaaren und den Flügeln und den Hinterleib, in dem sich die Fortpflanzungs- und Verdauungsorgane befinden. Weibchen und Männchen sehen oft unterschiedlich aus.

An einem Modell von einem Tagpfauenauge, einem Tagfalter, wurden die Unterschiede erklärt: Ein Tagfalter klappt die beiden schmalen Flügelpaare beim Sitzen meist hoch, vor allem im Schatten, sodass man die weniger farbenprächtige Unterseite sieht. Die Hinterflügel überlappen dabei die Vorderflügel. Die Augen des Tagpfauenauges dienen als Abschreckung, das Zusammenklappen der Flügel dient der Tarnung. Ein Nachtfalter dagegen nimmt seine dicken, flaumigen Flügel in Ruhestellung nie zusammen; er sitzt flach und ruhig da. Wenn ein Tagfalter flüchten muss, fliegt er auf, ein Nachtfalter fliegt nach unten. Ein Tagfalter flattert, ein Nachtfalter flirrt mit höherer Schlagfrequenz. Während Tag- und Nachtfalter beide Nektar fressen, werden Tagfalter von Exkrementen, Aas und feuchten Bodenstellen angezogen, wo sie sich mit Mineralien versorgen. Nachtfalter sind häufig an faulenden Früchten anzutreffen, womit man sie auch zur Beobachtung anlocken kann. Ein Tagfalter hat schlanke Fühler mit keulenförmigen Enden, wohingegen ein Nachtfalter oft breite Fühler mit vielen Härchen besitzt, mit denen sie Duftstoffe der Weibchen auf grössere Distanzen wahrnehmen können; die männlichen Nachtfalter spüren also die Weibchen auf. Die männlichen Tagfalter haben hingegen Duftschuppen auf den Flügeln, mit denen sie die Weibchen anlocken; die Weibchen müssen sich schon zu ihnen hinbemühen.

Schmetterlinge können als Ei, Raupe, Puppe oder Falter überwintern. Wenn sie als Falter überwintern, erkennt man das im März gut an den Flügeln, die dann ganz abgewetzt oder «abgeflogen» sind. Sie leben dann noch maximal zwei bis fünf Wochen. Ein Beispiel dafür ist der Zitronenfalter, der im Efeu überwintert. Mit einer Art Frostschutzmittel überzogen kann er Temperaturen bis zu minus 20 Grad aushalten. Während der Überwinterung braucht er keine Nahrung. Der Kaisermantel überwintert als Raupe. Seine Duftschuppen auf den Flügeln sind gut als Streifen sichtbar, sie sind auch ein bisschen erhöht.

Territoriale Falter wie das Waldbrettspiel, das Tagpfauenauge oder der C-Falter halten sich immer am gleichen Ort auf, um ein Weibchen anzulocken.

Der Schwalbenschwanz macht eine sogenannte Gipfelbalz: er wartet exponiert auf einem Baum oder Strauch darauf, dass ein Weibchen ihn aufsucht.

Der Admiral gehört zu den Vagabundierenden, der weite Strecken zurücklegen und auch über die Alpen fliegen kann, ein bisschen wie der berühmte amerikanische Monarchfalter, der Wanderfalter, der von Nordamerika nach Mexiko zieht.

Schmetterlinge lieben Wiesen, Lichtungen und Waldrändern, wo die Blütenpflanzen für ihren Nektarbedarf wachsen. Sie sind dabei recht mobil, tauschen sich auch als Population mit anderen Populationen auf anderen Lichtungen aus, was man Dispersion nennt.

Fressfeinde sind vor allem Vögel, besonders die Meisen sind grosse Raupenräuber. Das kann wirklich sehr auf Kosten der Schmetterlinge gehen. So hat man sogar mancherorts angefangen, weniger Meisenbrutkästen aufzuhängen, um die Zahl der Meisen zu verringern.

Schmetterlingsraupen haben sechs fixe Beinpaare, die sie auch als Schmetterlinge behalten und darüber hinaus noch weitere für die Fortbewegung. Sie müssen vor allem fressen und häuten sich mehrmals. Eine sehr beliebte Futterpflanze ist die Brennnessel, sie serviert sich den Schmetterlingen in verschiedenen Zuständen: das Tagpfauenauge frisst sie nur alt, an feuchten und halbschattigen Standorten, der Admiral mag sie nur jung. Der Distelfalter schlägt nur zu, wenn er keine Disteln findet und der Kleine Fuchs goutiert nur junge Brennnesseln an sonnigen Standorten.

Andere Beispiele: Der Kaisermantel legt seine Eier in Baumrinde. Beim Schlüpfen frisst die Raupe die Eischale und später die Veilchen, die unterm Baum wachsen. Sie verpuppt sich dann an Gebüschen, wo die Metamorphose beginnt. Arten wie der Karstweissling verbreiten sich bei uns mehr und mehr, weil seine Nahrung, das Schleifenkraut, häufiger in Gärten gepflanzt wird. Der Aurorafalter verpuppt sich am Knoblauchhedderich, der überall im Wald wächst und sieht dabei wie ein Ästchen der Pflanze aus. Bläulinge sitzen oft auf Schmetterlingsblütlern wie Hornklee.

Mit Bildern konnte dann die Metamorphose des Schwalbenschwanzes richtig gelegt werden: Die Puppen dieses Tagfalters gehören zu den Gürtelpuppen, d.h. sie sind in der Mitte von einem Gespinstfaden umgeben, der die Puppe dort und an einer weiteren Stelle am Ast festhält. Die Puppe des Kleinen Fuchses dagegen gehört zu den Sturzpuppen, die frei am Ast oder Blatt baumelt. Der Schwalbenschwanz, ein Zwei-Generationen-Schmetterling (es gibt auch Drei-Generationen-Schmetterlinge), überwintert als Puppe, diese ist dann im Einklang mit den Winterfarben graubraun. Manchmal bemächtigen sich Schlupfwespen der Puppe als Überwinterungsort. Wenn alles gut geht und es soweit ist, platzt die Hülle in wenigen Sekunden und der Schwalbenschwanz schlüpft. Die feuchten Flügel sind noch klein, der Körper hat schon Normalgrösse. Die Flügel entfalten sich in der nächsten halben Stunde, dazu braucht es die Sonne. Dann härten sie sich, und nach zwei Stunden kann der Schmetterling abheben. Er legt Eier, lebt zwei bis fünf Wochen, die Raupen verpuppen sich, dieses Mal perfekt getarnt grün wie die grünen Frühlingsbäume, und alles beginnt von vorne.

All dies und mehr wurde den Interessierten spannend vermittelt – und es wurde Ausschau gehalten! Und plötzlich waren sie da, die Schmetterlinge, an einer lichten Stelle im Wald. Ein wunderschönes Tagpfauenauge gaukelte von Blatt zu Blatt, mehrere Kaisermäntel und Weisslinge flatterten umher, vier Landkärtchen labten sich an den Brombeeren, ein Ochsenauge schlug die Flügel zusammen, man konnte sich wirklich nicht beklagen. Die Schreibende entdeckte einen kleineren orangefarbenen Falter auf einem Blatt, der nicht identifiziert werden konnte. Aber da er ruhig und mit ausgebreiteten Flügel da sass, konnte es sich eigentlich nur um einen tagaktiven Nachtfalter handeln!

Der Schmetterlingspfad bleibt bis zum 2. Oktober stehen. Man findet hier umfassende Informationen über Schmetterlinge, die in Höngg daheim sind. Der zweite Teil des Schmetterlings-Naturspazierganges wird am 2. Oktober durchgeführt und beschäftigt sich mit den Strategien der Überwinterung und der Förderung der Pflanzen, die sich für Schmetterlinge besonders eignen. Am Wümmetfäscht Höngg vom 24./25. September kann man am NVVHöngg-Stand noch mehr über Schmetterlinge erfahren.

Pia Schad (Text), Roman Schad (Fotos), Dorothee Häberling (Fotos Schmetterlinge)

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