Neuntöter

Neuntöter Männchen, © Marcel Ruppen

Der Neuntöter ist bekannt als skrupelloser Jäger, der Grossinsekten und sogar Kleinsäuger tötet und aufspiesst. Durch seinen vielfältigen Speiseplan und seine Habitatsansprüche ist er eine wichtige Zeigerart für eine hohe Biodiversität.

Der Neuntöter, auch Rotrückenwürger genannt dank seinem rotbraunen Mantel, hat einen zweifelhaften Ruf. Der Legende nach spiesst er zuerst neun Beutetiere auf, bevor er eines verschlingt. Dies ist in Realität natürlich nicht der Fall, jedoch kann man ihn beim Aufspiessen seiner Nahrung an Dornen oder spitzen Ästen beobachten. Dieses Verhalten dient zum einen dem Bearbeiten seiner Nahrung. So werden Insektenbeine fein säuberlich vom Körper abgetrennt. Zum anderen nutzt er die aufgespiesste Beute als Vorrat für Schlechtwetterperioden. Auf seiner Speisekarte stehen hauptsächlich Käfer und Heuschrecken. Andere Grossinsekten, Amphibien, kleine Säugetiere und kleine Vögel liegen auch in seinem Beuteschema. Für die letzteren benutzt er zum Erlegen geschickt seinen Falkenzahn (den Haken am Oberschnabel). Zur Jagd benötigt er Dornenhecken (vorzugsweise Heckenrose, Weiss- und Schwarzdorn und Berberitze), die ihm gute Sitzwarten mit Ausblick auf die Beute bieten.

Die Dornbüsche und Hecken nutzt er nicht nur, um seine Beute aufzuspiessen, denn als Heckenbrüter ist er auch auf dichtbewachsene Nistplätze angewiesen. Im Bewuchs von strukturreichen Busch- und Heckenlandschaften baut er sein Nest in klimatisch eher trockenen und sonnigen Gebieten sowie an Feld- und Waldrändern. Durch Nutzungsintensivierung (Flurbereinigungen und Einsatz von Insektiziden) kam es jedoch zu einer Bestandesabnahme im Mittelland.

Beim Buhlen um ein Weibchen setzt das Männchen neben dem Gesang einen Balztanz ein, bei dem er mit dem Kopf wippt, und ein Beutetier als Brutgeschenk überbringt. Während der Brut verteidigen die Eltern ihr Nest äusserst aggressiv vor Greif- und Rabenvögeln, den Haupt-Nesträubern. Gelegentlich dient der Neuntöter auch dem Kuckuck als Wirt. In Höngg hat 2016 ein Pärchen in einer Hecke beim Rütihof gebrütet. Vermutlich standen auf ihrem Speiseplan auch einige Bienen, welche dort von einem Hobby-Imker gehalten werden. Wir werden die Augen offenhalten um zu sehen, ob sie im nächsten Jahr zurückkehren.

Steckbrief

Merkmale
Etwas grösser als ein Sperling; schwarze Augenbinde beim Männchen und hellrosa Brustgefieder; Weibchen mit brauner Maske und Schuppenmusterung an den Flanken; grauer Scheitel; Falkenzahn

Gesang/Ruf
Zur Brautwerbung rauh, schwätzend mit leisen Imitationen anderer Vogelgesänge dazwischen. „Wäw“ zur Revierverteidigung; schrilles „dschääk“ dient als Warnruf.

Zugverhalten
Langstreckenzieher – Nachts ziehend über die “Ostroute” bis in den Süden von Afrika. Hauptzeit des Herbstzuges ist Mitte August bis Mitte September. Er kehrt Mitte-Ende Mai zurück.

Brutbiologie
5-6 Eier zwischen Mitte Mai und Juni, die gut zwei Wochen bebrütet werden. Die Nestlinge werden etwa einen weiteren Monat gefüttert.

Brutbestand Schweiz
Potentiell gefährdet, 10‘000 – 15‘000 Paare, im Mittelland abnehmend.

Vorkommen Höngg
Eine Brut 2016 im Rütihof *Gelegentlicher Durchzügler

Neuntöter Weibchen, © Marcel Ruppen