Exkursion ins Oerlinger Ried
Bei spätsommerlichem Wetter machte sich eine grössere Gruppe Vogelliebhaber auf den Weg in den Norden unseres Kantons zum Oerlinger Ried, dem grössten Riedgebiet im Zürcher Weinland. Schon bei der Begrüssung im Dorfzentrum Oerlingen durch unsere beiden Leiter Stefan Wyman und Michael Furrer waren auf einem grossen Baum auch einige Stare und ein grösserer Trupp Türkentauben zugegen und es flogen zwei Feldlerchen und ein kleiner Trupp Kiebitze über unsere Köpfe.
Das Oerlinger Ried ist ein Flachmoor von nationaler Bedeutung und Teil einer Glaziallandschaft, die sich nach Osten zum Husemer See und weiter zum thurgauischen Nussbaumersee und zur Thur fortsetzt. Die Ebene bei Oerlingen wurde über die letzten Jahrhunderte bis auf das heute bestehende Naturschutzgebiet drainiert und landwirtschaftlich intensiv genutzt, und im Moor wurde Torf gestochen. Entsprechend war das Flachmoor komplett verbuscht und so für Limikolen und andere Feuchtgebietsvögel nicht mehr attraktiv. Der Naturschutzverein Winterthur-Seen hat es deshalb in Obhut genommen und führt seit über vierzig Jahren jährlichen Pflegesätze durch, wobei das Ried entbuscht und von Goldruten befreit wird. Zudem wurde 1992 ein grösserer Teich gegraben, der aber oft nur wenig Wasser führt. Inzwischen ist auch der Kanton im Gebiet tätig geworden; er hat ein Projekt zur Förderung von an feuchte Lebensräume angepassten Tierarten erarbeitet. Eine erste Etappe von 2.75 Hektar hat er 2021 umgesetzt; 2025 wird der Rest des Gebiets renaturiert, so dass schliesslich eine zusammenhängende Fläche von rund 7 Hektaren in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt sein wird.
Aufgrund seines von Stefan beschriebenen Zustands war also nicht mit vielen Feuchtgebietsarten zu rechnen. Trotzdem konnten wir immer wieder zwei Bekassinen beim Auffliegen oder gut getarnt in der Vegetation und einige Rohrammern beobachten. Aber es ist jetzt Herbst, und so lag der Schwerpunkt unserer Beobachtungen bei den ziehenden Kleinvögeln. Am frühen Vormittag konnten nebst grossen Trupps von Staren, Drosseln oder Ringeltauben auch viele andere Kleinvögel beobachtet werden, darunter Heckenbraunellen, Berg-, Wiesen- und Baumpieper. Einige tauchten so plötzlich auf und flogen so rasch an uns vorbei, dass sie kaum bestimmen konnte, wer ihre Flugrufe nicht kannte. Andere aber machten uns einen Gefallen und rasteten kurz auf dem Boden oder auf einem Gehölz, so ein Gartenrotschwanz und ein Schwarzkehlchen-Paar. Je weiter der Tag fortschritt, umso seltener wurden die ziehenden Kleinvögel und umso mehr dominierten Greifvögel die Szene. Wie wir nutzten auch die Bauern das schöne Wetter und mähten ihre Wiesen und pflügten ihre Äcker. Ihnen auf den Fersen folgten zahlreiche Rotmilane auf der Jagd nach leichter Beute in den frisch aufgewühlten Äckern. Wir spazierten nun weiter am Amtsweiher vorbei und durch den Wald zum mit Schilfröhricht umgebenen Husemer See. Dieser gehört zur sogenannten Andelfinger Seenplatte und liegt in einem Naturschutz- und Naherholungsgebiet. Während andere Besucher die letzten wärmenden Sonnenstrahlen zum Schwimmen nutzten, nahmen wir auf dem gemütlichen Rastplatz unser wohlverdientes Mittagessen ein. Auf der Wiese davor waren auch Amsel und Rotkehlchen auf Nahrungssuche und im angrenzenden Wald trommelte der Buntspecht. Nach dem Mittagessen war aber bei den Vögeln kaum noch Aktivität auszumachen, und so machten wir uns auf den Weg zum Bahnhof Ossingen, um den Zug zurück nach Zürich zu besteigen.
Bilder und Text: Edi Ramp